Artikel: Rumms - das sitzt!

Aus Men's Health 06/2002

Es gibt Momente im Leben eines Mannes, da will er zuschlagen. Dem fiesen Chef mal voll eins auf die Glocke geben. Oder dem Heini eine verpassen, der ihm gerade den Parkplatz weggeschnappt hat. Selbstverständlich lassen Sie Ihre Faust in der Tasche. Wenn Sie das aber häufiger tun, können sich Aggressionen aufstauen. Die Folge ist Stress. Sport ist, wie Sie ja als Men's Health-Leser wissen, eine der effektivsten Methoden, Stress abzubauen. Was gibt es da Besseres als einen Sport, bei dem man richtig Dampf ablassen, Kondition, Kraft sowie Koordination trainieren - und mal gescheit zuschlagen kann? Die Rede ist von Kickbox-Fitness.

» Topfit wie ein Boxer

Kickbox-Fitness (KBF) ist ein Konditionstraining, das Reaktionsvermögen,
Geschmeidigkeit, Balance und Bewegungsschnelligkeit zugleich schult. Wir stellen Ihnen im Folgenden das Konzept eines tempostarken Ganzkörper-Workouts vor und zeigen Ihnen, wie Sie das Power-Programm bei sich zu Hause absolvieren können. Das Workout besteht aus leicht zu lernenden Basistechniken: Alle Schläge und Tritte rechts und links im Wechsel sind zigfach kombinierbar, so dass Sie Ihr Training jederzeit neu gestalten können. Wir stellen Ihnen beispielhaft zwei 3-Punkt-Kombinationen vor, die Sie selbstverständlich auch gegengleich üben können.

Im Gegensatz zum normalen Boxtraining werden KBF-Techniken mit Musik zu einem fließenden und rhythmischen Bewegungsablauf aneinander gereiht, so dass die Belastung konstant bleibt. Dabei werden die beiden Körperhälften stets gleichmäßig trainiert. Viele Männer schätzen die Alternative zum Boxen, weil sie die positiven Effekte des harten Trainings nutzen können, ohne dabei jemandem in das Gesicht schlagen oder selbst einstecken zu müssen. Kickbox-Fitness hat vom Kickbox-Sport zwar Kicks und Punshes geerbt, ist jedoch kein Kampfsport. Und komplizierte Schrittfolgen wie beim Aerobic muss man sich auch nicht merken.

» Dresche für den bag

Bei dem Workout, dass wir Ihnen hier präsentieren, ist Ihr Gegner ein Hüne von 150 Kilo Gewicht, groß wie eine Litfaßsäule, Name: Bag. Sein ganzer Körper dient als Trefferfläche. Damit er nicht umfällt, wenn Sie ihn verdreschen, ist er im Ständer - einem mit Wasser gefüllten Ballast-Tank, fixiert. Es kommt bei Ihrem Training nicht in erster Linie darauf an, wie beweglich Sie sind und wie hoch Sie Ihr heben können, um ihm eins reinzuhauen. Ihre Tritte und Stöße sollten auch nicht mit voller Wucht im Bag enden, sondern vorher zurückgezogen werden. Das schult den Gleichgewichtssinn, mindert die Verletzungsgefahr. "Nicht die Schnelligkeit der Kicks entscheidet, sondern die unentwegte Belastung", sagt Lars Focke, KBF-Europa-Repräsentant und Mastertrainer.

» Da schmilzt das Fett

Schweißtreibende Schlagprogramme sind schon seit einiger Zeit Trend in den Fitness-Studios. Mal werden sie Tae Bo genannt, mal Bodycombat, Fighting Fit oder Kara-T-robics. Allen gemeinsam ist der hohe Energieverbrauch: Sie können dabei in der Stunde ungefähr 850 Kalorien verbrennen.

» Ein Trend aus Amerika

Entwickelt wurde KBF vom Bruce-Lee-Schüler Joe Lewis in den USA. Dort wird es bereits in mehr als 40 Staaten unterrichtet. „Als das bislang einzige Programm dieser Art ist KBF vom amerikanischen TÜV des American College of Sports Medicine als sicher anerkannt“, sagt Lars Focke. Vor allem deshalb, weil der Stand-Bag stärker nachgibt als ein hängender Boxsack. Letzterer ist nur dann eine geeignete Alternative, wenn Sie Ihre Tritte und Schläge wohl dosieren.

Das Bandagieren der Hände ist übrigens kein Modegag, sondern eine notwendige Stütze für Ihre Handgelenke und –knochen. Als Anfänger sollten Sie außerdem Handschuhe tragen, die nur wenig wiegen und allein die Hände schützen. Später können Sie dann mit 10 bis 16 Unzen (283 bis 454 Gramm) schweren Handschuhen trainieren. Diese sorgen für einen zusätzlichen Kraftaufwand, denn die meiste Zeit halten Sie die Fäuste in Höhe des Kinns. Das Handgelenk sollte immer eine Linie mit dem Unterarm bilden und nicht abknicken.

» Eine Stunde ist optimal

Eine KBF-Gruppenstunde besteht aus je einem Drittel Warm-up (hier werden die Techniken frei eingeübt) und Cool-down sowie aus einem Drittel Bag-Workout. Und genau so sollten Sie es auch allein zu Hause trainieren. Wärmen Sie sich etwa 20 Minuten lang auf, indem Sie die einzelnen Schläge und Schritte (am besten vorm Spiegel) wiederholen. Dann setzten Sie diese zu Kombinationen zusammen, verdreschen 20 Minuten lang Ihren stummen Gegner. Am Ende wiederholen Sie die Bewegungen 20 Minuten lang in ruhigem Tempo ohne Bag-Kontakt. Wenn Sie keinen Bag besitzen, können Sie die Kombis auch in die Luft powern.

Kettenbewegungen sind die größte Herausforderung, was Ablauf und Ausdauer anbelangt. Je fitter Sie werden, desto schneller werden Sie und desto mehr Bewegungsabläufe können Sie aneinander reihen. Das isst nicht nur eine Konditions-, sondern vor allem eine Konzentrationsfrage. Basis des Ganzen ist das für sich bereits anstrengende Weight-Shifting: Sie stehen lediglich auf den Fußballen, die Knie sind leicht gebeugt, die Arme halten Sie oben: Sie bewegen sich immer leicht nach vorn und wieder zurück – eben so, wie ein Boxer im Ring tänzelt.

» Nur ein Entwicklungsland

In Deutschland ist man bislang noch weit hinter der amerikanischen Entwicklung zurück – hier gibt’s lediglich 17 ausgebildete KBF-Instruktoren, die in elf Fitness-Studios in neun Städten unterrichten (unter www.kickboxfitness.de finden Sie eine Liste). Wenn Ihnen Kickbox-Fitness Spaß macht, können Sie sich ja zur Trainer-Prüfung anmelden.

Ute Witt
Fotos: Susanne Dupont
Model: Heiko Schübel/www.perfit.de
Haare & Make-up: Astrid von der Kammer / m4 motion
Produktion: Ute Witt
Dank an die KAIFU-Lodge, Hamburg
Weitere Infos bei Lars Focke oder Heiko Schübel

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